Andacht März 2025
„Ich prüfe das auf Herz und Nieren!“
Liebe Gemeinde,
wenn man den Satz „Ich prüfe das auf Herz und Nieren!“ hört, dann wird es ernst, dann gibt es keine Ausreden mehr.
Aber warum soll „auf Herz und Nieren“ geprüft werden? Auf das Symbol „Herz“ kann man sich noch einen Reim machen, aber was sollen die Nieren in dieser Redewendung bedeuten?
Tatsächlich ist diese Sentenz sehr alt – so alt, dass die meisten Menschen nicht mehr wissen, welchen Sinn sie hat und wo sie herkommt.
Wie viele Sprichwörter hat sie ihren Ursprung in der Bibel.
In Psalm 26, Vers 2 heißt es: „Prüfe mich, Herr, und erprobe mich, läutere meine Nieren und mein Herz!“
Im Judentum haben Nieren und Herz eine besondere symbolische Bedeutung. Die Nieren, oft als Symbol für die innersten Gefühle und das Gewissen betrachtet, stehen für das feinfühlige Urteilsvermögen und die moralische Ausrichtung eines Menschen.
Das Herz hingegen ist das Zentrum des Lebens, Emotionen und vor allen Dingen des Denkens und des Verstandes – der Ort, an dem Liebe, Güte und die Vernunft wohnen.
Wenn der Psalmbeter also um Läuterung von Nieren und Herz bittet, wünscht er sich eine umfassende Reinigung seines inneren Wesens und seines Denkens.
Dieses Bitten ist keine Aufforderung, die auf eine oberflächliche Überprüfung abzielt, sondern eine Ermutigung zur inneren Reinigung und zur Wahrhaftigkeit vor Gott.
In einer Welt voller Ablenkungen und Herausforderungen ist es leicht, in der Hektik des Alltags den Kontakt zu uns selbst und zu Gott zu verlieren.
Die Aufforderung, uns prüfen zu lassen, ist ein Aufruf, innezuhalten und Glaube, Werte und Absichten zu reflektieren.
Wir sind eingeladen, mutig unsere innersten Wünsche und Motivationen vor Gott zu legen.
Dies erfordert Mut und Demut, denn es ist letztlich immer auch eine Begegnung mit sich selbst, aber es ist ein Weg, durch den wir neue Kraft und Energie bekommen.
Amen.
Dr. Christian Hellmann
Andacht Februar 2025
Du tust mir kund den Weg zum Leben.
(Psalm 16,11)
Das Jahr fängt ja gut an.
Die Fernbedienung meines TV-Gerätes funktioniert nicht mehr. Ich kann keine Verbindung mehr zum Fernseher herstellen, und der reagiert nicht auf das, was ich möchte. Die neue Fernbedienung ist schnell gekauft, aber sie ist noch nicht funktionsfähig. Sie muss erst eingerichtet werden. Und damit muss man sich auch erst mal beschäftigen.
Gut, wenn dann jemand da ist, der weiß, wie das geht. „Ich mach das für dich.“ Noch besser, wenn jemand sagt: „Ich zeige es dir, und dann kriegst du es allein hin.“ Wenn da jemand ist, der mir seinen Rat gibt und seine Kenntnisse mitteilt.
Wie wichtig ist so jemand erst, wenn es um mehr als eine Fernbedienung geht. Wenn es um Fragen meines Lebens geht. Wenn ich mich entscheiden muss und weiß nicht wie. Wenn ich merke: Es läuft grad nicht rund und ich muss etwas ändern – aber was? Schön, wenn ich Freundinnen habe, Kinder oder Partner und Partnerin, mit denen ich meine Situation besprechen kann und die mit mir überlegen.
Aber manchmal sind die Fragen so gravierend, und auch nicht immer verstehen andere meine Situation. Der Beter des 16. Psalms weiß, dass das Entscheidende ist, Gottes Rat zu hören. Gott schweigt nicht. Er teilt sich mit, tut mir kund, sagt mir, wie mein Leben verlaufen kann und soll, damit es gelingt.
„Du tust mir kund den Weg zum Leben!“ Zu einem guten erfüllten Leben, das ans Ziel kommt. Das Vertrauen dürfen wir haben: Gott weiß den Weg für mich, und er lässt mich mit meinen Lebensfragen nicht allein. Er hilft mir und zeigt, wie und wohin ich gehen kann.
Das Jahr fängt ja gut an! Na klar, weil Gott mir meinen Weg zeigt, den Weg, der zu einem guten, sinnvollen Leben führt!
Es grüßt sie herzlichst, Ihre Pfarrerin Andrea Rylke-Voigt
Andacht Januar 2025
Jesus Christus spricht: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen! Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen! (Lukas 6,27-28)
Was sind das für überraschende Worte in der heutigen Zeit: Eine Zeit, die geprägt ist von Rache und Vergeltung, von Gewalt und Machtdemonstration, von Provokation und Schuldzuweisung.
Welch eine Herausforderung, vor die uns Jesus stellt, aber in der Geburtsgeschichte zu Weihnachten schon einmal da war.
Kaum vorstellbar auf den Kriegsschauplätzen in aller Welt. Kaum vorstellbar im Wahlkampf in unserem Land und in dieser Zeit.
Kaum vorstellbar in den USA, wo ein neuer Präsident das Amt übernimmt.
Wir sollen unsere Feinde lieben und denen Gutes tun und wünschen, die uns Schaden zufügen?
Aber fühlen wir uns wirklich wohl dabei, wenn wir immerzu gegenhalten?
Wie viel friedlicher und entspannter wäre es, wenn wir es zumindest ab und zu tun.
Oder fühle ich mich dann hilflos und schwach?
Vielleicht erwartet Jesus gerade diese Schwäche von uns, die von Nachsicht und Freundlichkeit bestimmt ist.
Und liegt in dieser Schwäche womöglich sogar eine Stärke?
Niemand kann versichern, dass wir das schaffen. Aber einen Versuch wäre es doch wert. Und wir bitten Gott doch immer wieder um seinen Frieden und seine Gerechtigkeit, seine Güte und Liebe. Warum dann nicht auch tun? Gott wird uns schon nicht im Stich lassen.
Und hat uns mit der Jahreslosung 2025 zusätzlich mitgegeben:
„Prüft alles und behaltet das Gute“ (1. Thessalonicher 5,21)
Andacht Dezember 2024
"Wird Christus tausendmal in Bethlehem
geboren und nicht in dir, du bleibst noch
ewiglich verloren."
Angelus Silenius (1624-1677)
Liebe Gemeinde,
der Gedanke von Angelus Silenius fasziniert mich seit langer Zeit.
Jenseits all unserer Vorstellungen, Hoffnungen und Gefühlen, die wir mit Weihnachten verbinden, wirft dieser Satz eine neue, alte Perspektive auf die Geburt Jesu in Bethlehem:
Ist die Geburt Christi in Bethlehem für uns als Menschen von Bedeutung, wenn wir sie nicht in unserem eigenen Herzen erfahren?
Bethlehem wird mit diesem Gedanken zu mehr als nur einem geografischen Ort: Bethlehem symbolisiert die Ankunft Christi, den Neuanfang und die Hoffnung in unserem eigenen Leben.
Wenn Silenius uns fragt, ob Christus auch in uns geboren werden kann, lädt er uns ein, einen Raum zu schaffen, in dem Liebe und Mitgefühl herrschen.
Die Adventszeit wird auf diese Weise eine Zeit der Vorbereitung, in der wir uns auf das bevorstehende Fest der Geburt Christi einstellen.
Diese Tage bieten die Gelegenheit, im Gebet und in der Stille die Stimme Gottes zu hören.
Es ist die Zeit der Achtsamkeit.
Vielleicht wird uns dann bewusst, dass es nicht nur darum geht, das Ereignis der Geburt Christi zu feiern, sondern darum, es aktiv in unserem Leben zu verwirklichen.
Lasst uns beten, lernen und wachsen – als eine Gemeinschaft, die im Licht des Christus geht.
Möge die Geburt Christi nicht nur ein historisches Ereignis bleiben, sondern eine lebendige Realität in jedem von uns.
Ihr
Dr. Christian Hellmann
Andacht zum Monatsspruch
Oktober 2024
Die Güte des Herrn ist´s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende,
sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.
(Klagelieder 3,22-23)
Liebe Gemeinde,
manche von uns gehen mit Sorgen und Ängsten schlafen – und wenn sie aufwachen, ist der Morgen mitunter auch nicht besser als der Abend. Persönliche Nöte, Sorgen um Angehörige, schwierige Gedanken zur eigenen Zukunft – wer kennt solche Phasen nicht? Die gesellschaftlichen und weltweiten Probleme stimmen auch nicht unbedingt zuversichtlich. Wir könnten ein großes Klagelied anstimmen.
Klagelieder heißt auch ein Buch in der Bibel. Aus ihm stammt der Monatsspruch für Oktober. Wohltuend ist, dass der Schreiber gar kein Klagelied anstimmt, sondern angesichts schwieriger Situationen auf das verweist, was Halt gibt und Grund zu Optimismus:
Wenn du aufwachst am Morgen, denk doch daran: Gottes Barmherzigkeit ist da für dich, jeden Morgen wieder neu. Und wenn alles fällt und wankt: Gottes Treue zu seinen Menschen nicht. In seiner großen Treue gibt er uns Kraft und erhält uns.
Denn ohne Gott gibt es kein Leben, ohne ihn könnte nichts bestehen. Dass wir sind und leben dürfen ist schon ein Hinweis auf Gottes Güte. Und schauen wir jetzt in diesem Monat auf die Ernte: trotz aller Klimaprobleme konnten wir so viel Getreide, Obst und Gemüse ernten, dass wir genug haben. Das ist Grund zur Dankbarkeit und Freude – und auch das zeigt, dass Gottes Güte da ist für uns.
Schlafen wir ein und wachen wir auf im Oktober mit dem guten Gefühl: Gottes Güte und Barmherzigkeit ist da und auch seine Treue, für mich, für dich und auch für die Welt.
Herzlichst, Ihre Pfarrerin Andrea Rylke-Voigt
Andacht zum Monatsspruch
September 2024
Bin ich nur ein Gott, der nahe ist,
spricht der Herr,
und nicht auch ein Gott, der ferne ist?
(Jeremia 23,23)
Hier ist wohl nicht vom „lieben Gott“ die Rede. Da redet ein Prophet, der schlechte Erfahrungen gemacht hat. Aber wie oft haben wir das Gefühl, dass Gott ferne ist. „Wie kann Gott das zulassen?“ fragen wir dann.
Da fallen uns gleich die Klimaveränderungen und – katastrophen ein: Hitze und Trockenheit, Sturm und Überschwemmungen,
Waldbrände und Feuer.
Oder all die Kriege und Flüchtlinge auf der ganzen Welt,
der Krieg in der Ukraine, der Krieg im Gaza Streifen.
Oder Tote und Verletzte bei Amokläufen und Messerstechern.
So viele Tote und Verletzte, traumatisierte Menschen bleiben zurück.
Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?
Und dennoch: Gott ist die Liebe. Gott bleibt ein Geheimnis, unentschlüsselbar.
Gott ist die Liebe. Menschen sehen die Not und teilen sie.
Menschen halten miteinander aus, was passiert.
Welch ein Segen! Welch ein wärmender Funke Hoffnung!
Und wir beten zu Gott, dem Vater:
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit ---
erst dann öffnet sich die Tür ins Himmelreich ---
in Ewigkeit.
„Lehre uns zu vergeben, so wie du uns vergibst.
Lass uns treu zu dir stehen, so wie du immer liebst.
Nimm Gedanken des Zweifels und der Anfechtung fort.
Mach uns frei von dem Bösen durch dein mächtiges Wort.
Deine Macht hat kein Ende, wir vertrauen darauf.
Bist ein herrlicher Herrscher und dein Reich hört nie auf.“
(Unser Vater von Christoph Zehender)
Andacht zum Monatsspruch
August 2024
Der Herr heilt, die zerbrochenen Herzens sind,
und verbindet ihre Wunden.
(Psalm 147,3)
Sommer, Ferienzeit – na, endlich. Und die Sonne traut sich jetzt auch öfter heraus und beschert angenehm warme Temperaturen. Unwillkürlich stellt sich eine Leichtigkeit ein, ein Aufatmen: jetzt das Leben genießen, die Seele baumeln lassen, lachen und fröhlich sein. Entspannen, Glück tanken, einfach mal raus aus allem, was sonst das Leben bestimmt.
Manche und mancher von uns hat gar nicht so unbeschwert Urlaub. Vielleicht gab es in den vergangenen Monaten manches Schwierige, die eigene Gesundheit machte vielleicht Sorgen, oder es gab Streit und Konflikte, oder man trug mit am Leid eines lieben Angehörigen. Etliche haben in den vergangenen Monaten Wunden und Verletzungen davon getragen, leiden an einem gebrochenen Herzen.
Urlaub kann manchmal Wunder wirken. Ich bin demnächst wieder als Urlauberseelsorgerin in Bayern tätig. Wie wunderbar die Berge dort sind! Bei einem Berggottesdienst hat man den Eindruck, Gott ein ganzes Stück näher zu sein, und von oben besehen sieht unsere Lebenswelt sehr klein und unbedeutend aus. Erhebend, auf einem Berg, auf einer Alm zu stehen. So mancher Urlauber hat mir erzählt von den Nöten, mit denen sie belastet in den Urlaub gefahren sind – und wie gut das tut, hier auf dem Berg über Gottes Größe zu staunen und die eigenen Sorgen dadurch kleiner erscheinen. Aufatmen in Gottes schöner Schöpfung – und es zulassen, dass Gott die Wunden des Lebens dort verbindet und das zerbrochene Herz heilt. Nicht alles wird mit einem Berggottesdienst gut – aber die Seele atmet auf und kann heilen, immer ein Stückchen mehr.
Ich wünsche uns allen einen schönen Sommer mit lauter guten Erfahrungen mit Gott, die uns aufatmen und gesunden lassen!
Herzlich, Ihre Pastorin Andrea Rylke-Voigt
Andacht zum Monatsspruch
Juli 2024
Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist.
(2. Mose 23,2)
Leichter ist es doch, der Mehrheit hinterher zu trotten. Aber fühl ich mich dabei immer wohl? Geht es mir gut dabei?
Oder überprüfe ich doch mit der Jahreslosung in diesem Jahr: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Und ich erinnere mich an den ökumenischen Eröffnungsgottesdienst zur Fußball EM: Eine Liebe, die niemals endet war das Thema. Daran sollte ich messen, ob ich mich der Mehrheit anschließe oder eine eigene Position und Meinung vertrete.
Schließlich sind die Jahreslosungen in den 30- er Jahren entstanden, weil man den Parolen der Nazis etwas entgegensetzen wollte.
Wichtig ist, dass Gemeinsamkeit und Begegnung, Miteinander und Füreinander geschehen und niemand ausgegrenzt wird. „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“
Ich denke in diesem Fußball Sommer auch an die künstlerische
Ausgestaltung der Arena Kapelle:
Vor dem Eingang, also im Übergang von der Arena in die Kapelle sind die Bilder vom fairen Kampf, dann gehe ich durch das geteilte Kreuz. Da durchzugehen, empfinde ich immer als einen ganz besonderen Moment.
Das Kreuz ist ja das christliche Zeichen der Liebe Gottes schlechthin.
Und dann die Altarwand, die in ihrer Abstraktheit vom Kampf mit mir selbst zeigt: Die dunklen Stellen in meinem Leben, wo ich traurig und wütend war, wo ich mich allein gelassen und verletzt gefühlt habe. Und dann auch wieder die hellen, strahlenden Stellen in meinem Leben, wo es mir und den Meinen gut ging und ich glücklich war, wo ich mich frei und ungezwungen gefühlt habe und Gottes Liebe gespürt habe.
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“
Da war ich auch frei in meinen Entscheidungen und konnte meine Positionen wählen, ohne auf falsche und unrechte Mehrheiten zu setzen.
So wie auf der Altarwand die vielen hellen Stellen zeigen, mögen wir auch in diesem Sommer das Geschenk Gottes spüren:
Eine Liebe, die niemals endet.
Andacht zum Monatsspruch
Juni 2024
Mose sagte: Fürchtet euch nicht!
Bleibt stehen und schaut zu, wie der Herr euch heute rettet!
(Exodus 14,13)
Liebe Gemeinde,
sicher kennen Sie solche Situationen: da hat man getan und sich abgestrampelt und denkt: Jetzt bin ich aus dem Schlamassel raus. Endlich kann ich durchatmen. Es geht wieder vorwärts. Frei, glücklich. Und dann mit einem Mal ein Rückschlag, heftig und schlimm. Was wie gutes Leben aussah – zunichte. Wo kommt Hilfe her?
Die von den Ägyptern unterdrückten Israeliten waren endlich frei. Mose hat im Namen Gottes den Pharao aufgefordert: Lass das Volk ziehen. Und als der gar nicht daran dachte, kamen die Plagen, schreckliche Unglücke und Katastrophen. Gott schickte sie, um sein Volk zu befreien. Und zuletzt zogen die Israeliten aus Ägypten heraus in die Freiheit. Doch der Pharao bereute bald, dass er die billigen Arbeitskräfte hatte ziehen lassen und schickte die Soldaten hinterher. Statt Freiheit Flucht – und die fand mit einem Mal ein jähes Ende, als die Israeliten vor dem Schilfmeer standen. Da war kein Durchkommen. Kein Weg zu sehen. Und die Bedrohung durch die Ägypter schon ganz nah. Wohin gehen? Wo gibt es noch Rettung? Furcht macht sich breit. Das wars wohl.
Mose sagt: Gott hat immer noch Möglichkeiten. Deshalb: habt keine Furcht! Ihr könnt nichts mehr tun, und kopflos irgendwohin laufen nützt nichts. Stehen bleiben, keine Angst mehr haben, darauf vertrauen, dass Gott keine halben Sachen macht und rettet und hilft.
Und das Vertrauen auf Gott lohnte sich: Das Meer teilte sich, die Israeliten zogen hindurch in die Freiheit.
Liebe Gemeinde, uns kann und will er auch helfen und retten. Vertrauen wir darauf, dass Gott immer noch Möglichkeiten hat, die wir noch nicht einmal denken können, für uns und für die ganze Welt mit ihren Problemen. Mose sagt: Gott wird helfen – schaut ihm einfach dabei zu und vertraut auf ihn. Dann werdet ihr es erfahren.
Andacht zum Monatsspruch Mai 2024
Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.
Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.
(1. Korinther 6,12)
Was engt uns nicht alles ein und macht uns unfrei:
Sind es Gesetze und Bestimmungen, Anordnungen und Anweisungen,
Verpflichtungen und Verantwortung, Sorgen und Nöte um uns und andere, hochgesteckte Ziele und Anforderungen?
Empfinden wir es in der Schule oder am Arbeitsplatz, in der Familie
oder unter Freunden, in der Freizeit und Nachbarschaft
oder gar in der Kirchengemeinde?
Was kann unser Reden und Tun einschränken und lähmen,
Macht über uns haben, wie wir es nicht haben wollen?
Und da heißt es plötzlich bei dem Apostel Paulus:
Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.
Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.
Welch ein Aufatmen, welch ein Befreiungsschlag,
aber auch mit Einschränkungen:
Ich bin frei und mir ist alles erlaubt,
aber nur so lange es anderen zum Guten dient, niemandem schadet und einengt. Denn wenn ich mich machtvoll anderen gegenüber verhalte,
haben andere keine Freiheit und leiden darunter.
Stattdessen heißt es doch (EG 665)
Liebe ist nicht nur ein Wort, Liebe, das sind Worte und Taten.
Als Zeichen der Liebe ist Jesus geboren,
als Zeichen der Liebe für diese Welt.
Freiheit ist nicht nur ein Wort, Freiheit, das sind Worte und Taten.
Als Zeichen der Freiheit ist Jesus gestorben,
als Zeichen der Freiheit für diese Welt.
Hoffnung ist nicht nur ein Wort, Hoffnung, das sind Worte und Taten.
Als Zeichen der Hoffnung ist Jesus lebendig,
als Zeichen der Hoffnung für diese Welt.
Andacht zum Monatsspruch April 2024
Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt. (1. Petrus 3,15)
Liebe Gemeinde,
wir kennen den Brauch, Menschen in den „April“ zu schicken – also ihnen etwas vorzuflunkern und als Wahrheit darzustellen, was aber nicht so ist, um dann herzlich darüber zu lachen. Dieses Jahr fällt der Ostermontag auf den 1. April. Die Osterbotschaft: Könnte sie ein Aprilscherz sein? Da sind Menschen, die behaupten: da ist einer von den Toten auferstanden – Jesus. Und er lebt und ist Menschen erschienen nach seinem Tod. Kann man das glauben? Sagt da nicht gleich einer: April, April – gibt es doch gar nicht! Auf was du da reinfällst!
Die Botschaft „Jesus lebt“ ist die Kernbotschaft unseres christlichen Glaubens – und sie wurde von Anfang an belächelt, kritisch hinterfragt, ungläubig gehört. Und die Konsequenz: Jesus lebt – und wir werden auch leben und auferstehen von den Toten, die wurde sogar unter Christinnen und Christen diskutiert. Paulus widmet im 1. Korintherbrief das ganze 15. Kapitel dieser Kernfrage.
Petrus fordert uns auf: Duckt euch nicht weg, wenn es um diese wesentliche Frage des Lebens geht: es lebt sich anders, wenn es noch eine Hoffnung auf ein Leben bei Gott nach dem Tod gibt. Sonst muss man alles von diesem Leben hier erwarten – und vielleicht nimmt man auch nicht viel Rücksicht auf andere, weil man hier alles selbst haben und erleben muss.
Deshalb: duckt euch nicht weg. Steht eurer Familie, euren Nachbar*innen, euren Arbeitskolleg*innen, euren Mitschüler*innen Rede und Antwort und sagt ganz klar und aufrichtig, was ihr glaubt und welche Hoffnung euer Leben bestimmt. Hoffnung auf ein Leben mit Gott jetzt und hier und auch nach unserem Tod. Hoffnung und nicht Resignation oder Verzweiflung. Hoffnung, die trägt und Halt gibt. Hoffnung haben - das ist kein Aprilscherz.
Andacht zum Monatsspruch
März 2024
Entsetzt euch nicht!
Ihr sucht Jesus von Nazareth,
den Gekreuzigten.
Er ist auferstanden, er ist nicht hier.
(Markus 16,6)
Dieser Monatsspruch vereint unsere ganze Glaubensgewissheit:
Sie spricht von Jesus von Nazareth,
der die Menschen sammelte und in seinen Bann zog,
der den Menschen vom Reich Gottes erzählte und
ihnen von Gott dem Vater erzählte,
der sie Menschen heilte und Gemeinschaft mit den
Ausgegrenzten hatte.
Entsetzt euch nicht!
Jesus von Nazareth ist auch der Gekreuzigte,
der in Jesusalem wie ein König empfangen worden ist
und gleichzeitig arm auf einem Esel kam.
Der das Passamahl mit seinen Freunden feierte und
im Garten Gethsemane gefangen genommen wurde.
Der verhört und verurteilt, verraten und verleumdet,
verspottet und auf dem Weg nach Golgatha gequält wurde.
Entsetzt euch nicht!
Der den Tod am Kreuz für uns gestorben ist,
der König der Juden und wahrlich, der Sohn Gottes,
der verstorben und ins Grab gelegt worden ist.
Entsetzt euch nicht!
Der nach drei auferstanden ist von den Toten.
Jesus von Nazareth, der Christus schenkt Leben, neues Leben,
Hoffnung und Zuversicht, Ermutigung und Treue in allen Herausforderungen unseres Lebens.
Christus schenkt Kraft und Liebe, um immer wieder aufzustehen,
da, wo wir gerade sind und gebraucht werden.
Darum ist er nicht mehr im Grab, sondern er wirkt im Alltag und ruft:
Entsetzt euch nicht!
Andacht zum Monatsspruch
Februar 2024
Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit.
(2. Timotheus 3,16)
Liebe Gemeinde,
auf welche Schriften hören wir? Ist es die Tageszeitung, ein bestimmtes Magazin? Welche Schriften beeinflussen uns und tragen dazu bei, dass wir uns eine Meinung bilden, eine Haltung einnehmen, unser Leben danach ausrichten wollen?
Paulus schreibt: Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nützlich. Alle Schrift – mit Sicherheit ist damit die Bibel gemeint, die Schriften des Alten Testamentes, die ihm ja bekannt waren, und so manche Briefe, die er und andere Apostel geschrieben haben. Er hat die Briefe an seine Gemeinden ja auch nicht nur nach eigenem Gutdünken geschrieben, sondern er ist überzeugt: Ich gebe Gottes Willen weiter, wie wir zusammen leben sollen als seine Gemeinde.
Ich finde es toll, wie er sich einsetzt für Gottes Wort, das in diesen Schriften zum Ausdruck kommt. Viele Menschen heute betrachten die Bibel als Geschichtsbuch oder auch als ein „Geschichten-Buch“, fast so was wie ein Märchen. Und viele finden es auch nicht interessant und wichtig, darin zu lesen. Dabei geht es in ihnen darum, etwas von Gott in diesen Schriften zu erfahren, zu erspüren, wie Gott möchte, dass wir leben, von ihm Rat und Hilfe zu bekommen.
Deshalb schreibt Paulus: Diese Schriften, die Gott eingegeben hat, die sollen uns etwas lehren über ihn, über uns selbst und das Leben. Sie weisen uns zurecht, das heißt, sie geben uns eine Richtschnur fürs Leben. Sie helfen uns, bessere Menschen zu werden, Menschen, die Liebe üben und sich für den Frieden einsetzen. Und sie erziehen uns zur Gerechtigkeit – damit wir in guter Weise zusammenleben und uns füreinander einsetzen.
Daher: Lies die Bibel! Kein langweiliges Buch, sondern Hilfe, das Leben so zu gestalten, dass es wird, wie Gott es für uns möchte! Richtig gut!
Andacht zum Monatsspruch
Januar 2024
Junger Wein gehört in neue Schläuche.
(Markus 2,22)
Januar ist stets der Monat, wo unsere guten Vorsätze für das neue Jahr zum ersten Mal auf die Probe gestellt werden. Rund um den Jahreswechsel haben wir Bilanz gezogen -- mal mehr und mal weniger.
Die Jahreslosung für 2024 „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1. Korinther 16,14) sollten wir mit in die Liste der guten Vorsätze aufnehmen, aber auch unsere Bilanz von daher bewerten.
Vor allem sollten wir neue Wege wagen, und zwar nicht nur ein bisschen und ab und zu, sondern konsequent und transparent da, wo es geboten und notwendig ist.
Klaus Peter Hertzsch schreibt in seinem Lied (EG 395):
Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist, weil Leben heißt sich regen, weil Leben wandern heißt. Seid leuchtend Gottes Bogen am hohen Himmelsstand, sind Menschen ausgezogen in das gelobte Land.
Vertraut den neuen Wegen und wandert in die Zeit! Gott will, dass ihr ein Segen für seine Erde seid. Der uns in frühen Zeiten das Leben eingehaucht, der wird uns dahin leiten, wo er uns will und braucht.
Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt! Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land. Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit.
Pfarrer M. Grimm
Andacht zum Monatsspruch
Dezember 2023
Meine Augen haben deinen Heiland gesehen,
das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern.
(Lukas 2, 30-31)
Liebe Gemeinde,wer von uns würde sich das nicht wünschen, Gott selbst zu sehen, an Weihnachten das Kind in der Krippe zu finden, live dabei zu sein, wenn die Engel am Himmel singen und die frohe Botschaft weitersagen? Das wärs doch!
Wie ist Simeon doch so zu beneiden! Er ist es, der diese Worte sagt: Meine Augen haben deinen Heiland gesehen! Der alte Simeon, der Tag und Nacht am Tempel war und viele, viele Jahre darauf wartete, Gott zu sehen und zu erleben, wie Gott alles heil macht. Und dann war es so weit. Sein ganz persönliches Weihnachtsfest. Maria und Josef bringen das Kind Jesus zum Tempel, um Gott Danke zu sagen. Und hier begegnet Simeon Jesus. Er sieht ihn – aber ob er in seinem Alter überhaupt noch gut sehen kann? Und doch erkennt er sofort Gottes Sohn. Und die Freude und der Friede Gottes ziehen bei ihm ein. Alles Warten hat sich gelohnt – Weihnachten für Simeon. Und für alle Menschen und Völker, das erkennt er. Er sieht den Heiland, er hat ihn vor Augen, aber vielleicht sieht und erkennt er doch noch viel mehr mit dem Herzen.
Nein, liebe Gemeinde, wir sind eben nicht dabei gewesen, an diesem Heiligen Abend vor etwa 2023 Jahren. Wir waren nicht auf den Feldern von Bethlehem, nicht im Stall, haben die Krippe und das Kind nicht gesehen. Wie Simeon in den Tempel geht, so werden wir in die Kirche gehen. Und wie Simeon, der auch nicht bei der Geburt dabei war, hoffen wir etwas von Gottes Heil zu spüren und zu erkennen. Unsere Augen sehen die Erinnerungen an diese Nacht, die strahlenden Lichter, die Krippenfiguren – aber unser Herz allein kann erkennen, was Gott für uns tut, indem er selbst zu uns kommt.
Sehende, offene Herzen für das Heil Gottes in dieser Advents- und Weihnachtszeit wünscht Ihnen Ihre Pastorin Andrea Rylke-Voigt
Andacht zum Monatsspruch
November 2023
Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meeres. Er macht den Großen Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens.
(Hiob 9,8-9)
Erstaunliche Worte aus dem Buch Hiob, der Leidensgeschichte überhaupt. Und welche Leidensgeschichten finden überall auf der Welt statt: In Israel und im Gazastreifen, im Nahen Osten, in der Ukraine, Flüchtende im Mittelmeer, in Afrika und Mittelamerika. Leidensgeschichten wie Sand am Meer.
Der November will uns demütig und barmherzig machen. Er schenkt uns viele Feier- und Gedenktage. Da soll uns bewusst werden, wo wir Trost und Hoffnung, Frieden und Gerechtigkeit bekommen, aber auch, dass wir sie weitergeben.
Der Reformationstag hat uns eingestimmt, was uns allein gerecht macht. An Allerheiligen werden wir an viele Vorbilder im Glauben erinnert, aber auch, dass wir selber zur Gemeinschaft der Heiligen gehören. Martin von Tours ist ein besonderes Vorbild, gerade für die Kinder. Die ökumenische Friedensdekade erinnert uns daran, in Frieden und Gerechtigkeit zu leben. Der 9. November ist ein Tag, der ganz besonders zum Nachdenken einlädt.
Toten- oder Ewigkeitssonntag führt uns die Endlichkeit unseres Lebens vor Augen, eröffnet uns aber auch die ganz andere Dimension des Lebens bei Gott, in seinem himmlischen und ewigen Reich einmal. Trauer, aber auch Gottvertrauen begleiten uns, wenn wir an die Verstorbenen denken, wenn wir den Gang zum Friedhof antreten.
Und wir möchten in die Liedstrophe einstimmen (EG 382): Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr; fremd wie dein Name sind mir deine Wege. Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott; mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen? Ich möchte glauben, komm du mir entgegen.
Andacht zum Monatsspruch
Oktober 2023
Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein;
sonst betrügt ihr euch selbst.
(Jakobus 1, 22)
Liebe Gemeinde,
am Ende des Monats Oktober feiern wir den Reformationstag. Martin Luther hat am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg genagelt und damit eine neue, die evangelische Kirche gegründet. Wichtigster evangelischer Grundsatz ist: Gottes Gnade gibt es umsonst. Wir müssen nichts dafür tun oder leisten. Entscheidend ist: dass wir an Jesus Christus und sein Erlösungswerk glauben, und der Glaube kommt aus dem Lesen und Hören auf das Wort Gottes, wie es in der Bibel steht und in Gottesdiensten verkündigt wird.
So wichtig das Hören ist und Gottes Gnade wirklich Geschenk an uns ist – Hören reicht für ein christliches Leben allein auch nicht aus. Unser Glaube zeigt sich auch in dem, was wir tun. Wer von Gott beschenkt ist, wer spürt, wie sehr Gott mich und dich liebt, kann gar nicht anders als aus dem Glauben heraus zu handeln, Taten der Liebe tun, die anderen zeigen: Gott hat dich lieb. Du bist Gott wichtig. Diese Taten der Liebe können sein: trösten, zuhören, beistehen, praktisch helfen, Wunden verbinden, mit Armen teilen, Verständnis zeigen, sich einem Menschen zuwenden…
Hören – ja, aber auch tun, das Gute und Richtige, das, was Gottes Schöpfung bewahrt und schützt, was dem Frieden dient und allen Menschen hilft.
Hören und tun, das uns das glaubhaft gelingt, wünscht uns allen
Ihre Pastorin Andrea Rylke-Voigt
Andacht zum Monatsspruch
August 2023
Du bist es gewesen, der mir geholfen hat! Im Schatten deiner Flügel preise ich dich. (Psalm 63,8)
Das ist ein Vers, den König David gesagt haben soll. Als König von Israel war er immer bedroht, nicht nur im Krieg.
Welchen Schutz brauchen heutzutage Politiker und Politikerinnen, Regierende, Prominente in Sport und Unterhaltung. Ganze Berufsgruppen werden dafür beschäftigt.
David ruft dazu Gott:
Du bist es gewesen, der mir geholfen hat! Im Schatten deiner Flügel preise ich dich.
Welch eine Gewissheit höre ich daraus,
jemanden zu haben, der es gut mit mir meint,
der mich mit Wohlwollen begleitet,
der mir Sicherheit gibt, wenn ich ins Straucheln gerate,
bei dem meine Fehler gut aufgehoben sind,
wo ich nicht gnadenlos verurteilt werde.
David findet Schutz unter dem Schatten von Gottes Flügeln.
Ist es nicht wunderbar, zu sehen,
wenn Küken unter den Flügeln der Mutter Schutz suchen?
Welch eine Geborgenheit und Nähe und Liebe!
Da hält jemand seine schützenden Flügel über mich.
So ist Gott, sagt der große König David.
Gott hält seine schützenden Flügel über mich.
So spüre ich die Freiheit und Gelassenheit für mein Tun und Lassen.
So kann ich Entscheidungen treffen und mich auf neue Herausforderungen einlassen.
So kann ich Neues beginnen.
So werde ich Gott loben und preisen:
Im Schatten deiner Flügel preise ich dich.
Andacht zum Monatsspruch
Juli 2023
Jesus Christus spricht:
Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.
(Matthäus 5, 44-45)
Liebe Gemeinde,
Kennzeichen des christlichen Glaubens ist die Nächstenliebe, so haben wir es gelernt. Gott lieben und den Nächsten lieben, das gehört zusammen, hat Jesus gesagt. Daran muss sich jeder Christ, jede Christin messen lassen.
Aber eigentlich ist das längst nicht alles.
In der Bergpredigt geht Jesus noch viel weiter. Mein Nächster, der Mensch, der mir nahe ist oder wird, das ist nicht nur jemand, den ich mag, den ich kenne. Nein, mein Nächster, das ist sogar - mein Feind.
Jesus denkt konsequent zu Ende: Es gibt keinen Menschen, den die Liebe Gottes nicht umfasst – und deshalb gibt es keine Ausnahme, selbst dann nicht, wenn es sich um einen Feind handelt. Gottes Liebe und auch meine Liebe gilt ebenso den Feinden.
Das ist wirklich konsequent – aber es ist wie vieles in der Bergpredigt auch ein hoher Anspruch. Die Welt wird heil, wenn wir zu wahrer Liebe allen Menschen gegenüber fähig werden. Wenn ich dem nachgehe, muss ich zugeben: Jesus hat Recht. Aber: Kann ich das wirklich, meinen Feind lieben?
Wir schauen auf die Ukraine und auf Russland: Kann man den Feind lieben, der der Familie schlimmstes angetan hat? Kann man mit Feindesliebe einen Diktator besiegen?
Die Pazifisten sagen: Ja. Anders wird kein Friede. Die anderen sagen: Mit der Bergpredigt kann man nicht regieren. Es gibt nicht nur Menschen guten Willens.
Und wie sieht es bei mir selbst aus? Wie geht es denn mir mit Menschen, die mir Schlimmes angetan haben? Kann ich das: ihnen vergeben, sie lieben? Daran werde ich arbeiten müssen, darum möchte ich Gott bitten, dass er Geduld hat und mir seine Kraft und Liebe dazu schenkt.
Die Feindesliebe ist das Besondere des christlichen Glaubens. Sie macht uns zu Kindern Gottes. Viel Liebe in diesem Sommer wünscht Ihnen
Ihre Pastorin Andrea Rylke-Voigt
Andacht zum Monatsspruch
Juni 2023
Gott gebe dir vom Tau des himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle. (1.Mose 27,28)
Eine altbekannte Geschichte aus dem Ersten Testament, welche auch eine der ersten Geschichten ist, die im Religionsunterricht erzählt wird. Da hat ein Vater zwei Söhne und die Zeit naht, dass dieser betagte Vater, der Entscheider und Versorger seiner Sippe, dem Erstgeborenen seinen Segen gibt. Ein solcher Vorgang ist kein alltäglicher, sondern er hat etwas von einer Übergabe der Verantwortung an den ältesten Sohn, welcher das Erstgeburtsrecht innehat. Das geschieht nur einmal und kann weder zurück genommen noch abgeändert oder neu ausgesprochen werden. Es ist der Segen auf eine gute und erfolgreiche, auf eine sichere und die Familie und den Besitz vergrößernde Zukunft.
„Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein in Fülle.“
So segnet Isaak seinen Sohn Jakob für alle Zeiten mit Gottes Segen und seinen Beistand. Moment mal, Jakob? Richtig, Jakob! Und Sie haben recht, er war nicht der Erstgeborene, denn das war sein Bruder Esau. Jakob war der jüngere Bruder und er hatte einen erheblichen Vorteil gegenüber Esau: seine Mutter Rebekka mochte ihn lieber als Esau. Anders als sein älterer Bruder, der als Jäger oft fort gewesen und ein eher rauer Charakter gewesen ist, den sein Vater allerdings vorzog, hatte Jakob den Vorteil, bei der Sippe an den Zelten und beim Vieh zu bleiben. Er wird als gesitteter Mann beschrieben. Ihm war die Familie wichtiger als seinem Bruder. Und so drängte er ihn, ihm das Erstgeburtsrecht zu verkaufen für ein Linsengericht, denn Esau war hungrig von der Jagd heimgekehrt. Esau lag nicht viel daran, das Erstgeburtsrecht zu besitzen, ihm war nicht klar, dass er damit auch den Segen vom Vater aufs Spiel setzte. Die Mahlzeit war ihm lieber. Später, als Isaak auf dem Totenbett lag, wollte er von Esau noch ein letztes Mal Wildbret zubereitet bekommen, um ihn dann zu segnen. Als Rebekka dies hörte, überlistete sie mit Jakob den Vater, indem sie schnell ein Wildbret zubereiteten und Jakob sich vor dem Vater als Esau ausgab und den Segen empfing. Als Esau später mit seinem Braten ins Zelt trat und den Segen empfangen wollte, so hatte Isaak nichts mehr, was er ihm geben konnte.
Erst ein Handel, dann eine List – mitunter stehen wir als Leser*nnen etwas ratlos vor den Geschehnissen und den Entscheidungen, die überliefert worden sind. Nach unserem Verständnis hat diese Geschichte etwas Anrüchiges, sie fühlt sich nach modernen Wertmaßstäben nicht richtig an. Wenn die Gesetze jener Zeit auch eher Traditionen und Familienrecht waren, so hatten sich Jakob und seine Mutter Rebekka eben daran schuldig gemacht. Dieser Betrug war vielleicht kein Verbrechen, aber zumindest eine mutwillige Täuschung des Vaters und des Bruders, der die Konsequenzen tragen musste und sich seinem jüngeren Bruder unterzuordnen hatte.
Nach dem Auszug aus Ägypten und dem Bund Gottes mit seinem Volk auf dem Sinai durch den Empfang der Gesetzestafeln mit den sogenannten 10 Geboten durch Moses, wäre diese Täuschung ein Verstoß gegen mindestens vier dieser Gebote gewesen. Aber außer einer Entfremdung und Trennung der beiden Brüder mit sehr unterschiedlichen Konsequenzen für die nachkommenden Generationen hatte dieser Betrug keine Konsequenzen.
Einer hat den Segen der Fülle, alles zu nutzen und zu verbrauchen für sein Leben und von dieser Fülle der Erde und des Himmels selbstverständlich zu leben, und der andere geht leer aus. Das war Fakt und es würde so bleiben.
Und selbstverständlich hätte ich diesen Gedanken um Recht und Moral, von den Geboten und der List, vom Segen und Reichtum der Welt mehr oder alles zu bekommen nicht in die Mitte dieses Gedankens gestellt, wenn er mich – auch angesichts dieses Ernteteppichs im Gemeindehaus der Kirche in Haltern am See vor einigen Jahren – nicht doch betrübt. Denn wir sind gar nicht so weit entfernt vom Kern dieser Sache. Wir sind gar nicht so weit entfernt vom Selbstverständnis des jüngeren Sohnes Jakob, immerhin einer der drei Stammväter Israels und für uns Christen daher kulturell und religiös nicht irgendeiner.
In der ersten Hälfte des letzten Monats vermeldete die Tagesschau, dass wir in Deutschland bereits in der Mitte des 5. Monats unseres Jahres alle natürlichen und regenerierbaren Ressourcen des Jahres 2023 verbraucht haben. Unser Land ist damit statistisch mehr als einen Monat früher an diesem Punkt als der Weltdurchschnitt. Anders ausgedrückt: wir leben fast sieben Monate auf Pump oder- anders betrachtet - wir stehlen der natürlichen Verteilungsgerechtigkeit in der Weltgemeinschaft sieben Monate an Luft, an Bodenschätzen, an Energie, kurz gesagt an Verbrauch, denn wir leben ja genauso weiter in den Monaten Juni bis Dezember.
Und wir entnehmen es nicht nur dem Planeten, sondern direkt auch denen, die aus vielen Gründen das Nachsehen haben, in Afrika, Asien und Süd- wie Mittelamerika. Und sind wir die Erstgeborenen der Welt, die sich vielleicht auf ein solches Recht oder eben einen Segen der besonderen Art, vielleicht von Gott, berufen könnten, wie es Jakob nach seinem Betrug mit Recht hätte tun können? Nein, natürlich nicht, aber wir nehmen es uns trotzdem. Wir erschleichen uns noch nicht einmal etwas, wie es die Geschichte erzählt. Wir nehmen es uns einfach und begründen das mit – ja womit eigentlich?
Gott hat uns Menschen zweifelsfrei Tau und Fett, also Fruchtbarkeit der Erde, das Korn und den Wein verheißen. Aber er hat es uns allen verheißen, so, dass es für alle, auch morgen und in zehn Jahren und darüber hinaus noch reicht. Der Gedanke der Schöpfungsgeschichte, des Hegens und des Bewahrens der Erde als erste Aufgabe des Menschen setzt ein natürliches und umsichtiges Haushalten voraus. Etwas, was uns heute jeder Landwirt mit eigenem Hof wie selbstverständlich bestätigen würde: man kann dem Boden und den Tieren nur so viel nehmen, wie sie erübrigen können ohne Schaden daran zu nehmen.
Die Fülle, von welcher der Monatsspruch Juni spricht, ist nicht unendlich wie eine Art Produktionsmaschine. Sie ist ein kleiner Teil eines komplexen Kreislaufs, welcher aus dem Ruder gelaufen ist in den letzten zwei Jahrhunderten. Wir wissen das und wir ignorieren es weitestgehend in unserem Leben. Dabei gäbe es für alle möglichen Aspekte bereits Lösungen. Aber wir weisen sehr viele schon in der Entstehung zurück, weil es uns Veränderungen im Denken und im Handeln zumutet. Zu wissen wie es gehen könnte aber diese Lösungsansätze zu ignorieren gehört zu den seltsamen Eigenarten des modernen Menschen. Und ist dies Verhalten Sünde? Ich fürchte, die Antwort lautet ohne Wenn und Aber „Ja“. Denn es verstößt gegen beinahe sämtliche der zehn Gebote.
Bild: Verfasser
Ernteteppich mit den beiden Gebotstafeln und der Auszugsgeschichte aus Ägypten in Haltern am See.
Andacht zum Monatsspruch Mai 2023
Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag. (Sprüche 3,27)
Das ist ein Vers aus dem Alten Testament, der mich doch noch einmal aufschreckt: Ich sehe die Menschen, die in unserem Regenbogenhaus ein und aus gehen, um für ganz wenig Geld Essen und Trinken, Kleidung und eine Dusche, ein wenig Zuwendung und Gesellschaft zu erfahren.
Eine Straße weiter ist die lange Schlange von Menschen bei der Tafel, die den ganzen Vormittag geduldig warten, um günstig einkaufen zu können.
Immer mehr Menschen klingeln bei mir in immer kürzeren Abständen an, weil das Geld nicht bis Monatsende ausreicht.
Mit den Bildern vor Augen trifft mich der Monatsspruch:
Gebe ich genug und im richtigen Augenblick?
Aber ich muss doch mit meinen Ressourcen verantwortungsvoll umgehen, oder?
Dann frag ich mich manchmal, wie Jesus heute gehandelt hätte.
Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.
Was mit Sicherheit zu jeder Zeit gilt ist:
Begegne ich den Menschen mit Zuneigung und Respekt, mit Güte und einem wachen Verstand?
Habe ich ein offenes Herz und offene Ohren für unsere Mitmenschen und ihren Bedürfnissen?
Und wenn ich so manche Erwartungen nicht erfüllen kann:
Gebe ich ihnen wenigstens das Gefühl, wertgeschätzt zu sein?
Kann ich in irgendeiner Form helfen, dass sie Gottes Liebe spüren.
So heißt es im Lied von Claus- Peter März (EG 667,1):
Wenn das Brot, das wir teilen als Rose blüht
und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt,
dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut
dann wohnt er schon in unserer Welt.
Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht
in der Liebe, die alles umfängt, in der Liebe, die alles umfängt.
Andacht zum Monatsspruch April 2023
„Christus ist gestorben und lebendig geworden,
um Herr zu sein über Tote und Lebende.“
(Röm. 14,9)
Liebe Gemeinde,
Karfreitag und Ostern liegen in diesem Monat April – die Tage, die das Zentrum unseres Glaubens ausmachen, die Tage, an denen wir daran denken, dass Jesus Christus gestorben und auferstanden ist. Dass er gestorben ist, ist eine Tatsache, die jüdische und auch römische Historiker aus dieser Zeit belegen. Aber die Auferstehung? Damit haben sich Menschen aller Zeiten und der moderne Mensch erst recht schwer getan. Kann es das geben? Wie können wir uns das vorstellen?
Entscheidender aber ist doch, was Jesu Sterben und Auferstehen für uns bedeutet. Paulus sagt: Dadurch ist er zum Herrn geworden über Lebende und Tote.
Der Tod ist eine große Macht in unserem Leben. Wir sind endlich. Unser Leben ist begrenzt. Der Tod ist irgendwann unausweichlich. Das gilt für uns selbst. Das betrifft auch die Menschen und Tiere, mit denen wir unser Leben teilen und die uns lieb und wert sind. Wir können den Tod aufhalten mit medizinischen Kenntnissen, aber vermeiden können wir ihn nicht.
Wir nicht. Aber einer kann dem Tod seine Macht nehmen. Jesus Christus, der nicht im Tod geblieben ist. Er lebt. Und damit zeigt er uns, dass er mächtiger ist als der Tod. Er ist der Herr, und er kann uns neues Leben schenken, Leben, dem der Tod nichts anhaben kann. Wir werden leben – bei Gott, dem Lebendigen, in seiner Ewigkeit. Das gibt uns Hoffnung, Trost und Kraft, weil es für uns immer eine Zukunft gibt. Auch da, wo andere nur das Ende sehen.
Wer diese Hoffnung hat, lebt auch anders. Der, der den Tod besiegt, der ist auch Herr über unser Leben. Er führt uns, und wir können uns ihm anvertrauen. Zu ihm können wir beten, und er wird unser Leben richtig machen. Lassen wir ihn den Herrn in unserem Leben sein? Wer den Tod besiegen kann, dem dürfen wir auch zutrauen, dass er unser Leben richtig gut macht.
Frohe Ostern und einen schönen Frühling
wünscht Ihnen von Herzen Ihre Andrea Rylke-Voigt
Andacht Monatsspruch März:
Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Römer 8,35
Diese Aussage im Römerbrief ist schon eine starke Aussage. Stark im Anspruch, überaus selbstbewusst und sehr mutig. Denn die Welt ist wie sie immer war: sie ist über weite Strecken bedrohlich, oft sehr lebensfeindlich und sie neigt durch uns Menschen zur Selbstzerstörung. Also erscheint das doch weit hergeholt, wenn dann einer sagt, dass es nichts geben könne hier bei uns, was uns von der Liebe Christi also von der Liebe Gottes synonym trennen könnte.
Das ist doch schön zu hören und zu lesen. Zumal hier in einer Stadt wie Gelsenkirchen mit ihren vielfältigen Problemen und Herausforderungen, dazu noch eingebunden in die Entwicklungen, vor welchen unser gesamtes Land, Europa und de Erde stehen. Eine Ebene bedingt die andere und ist nicht losgelöst von dieser zu betrachten. Wie steht es hier mit der Liebe, sei es die in Christus verheißene oder die Liebe Gottes? Wo ist sie sichtbar, wie spürbar und wann?
Das Herz auf diesem Bild ist mir im Sommer aufgefallen in Oberhausen Osterfeld und es spiegelt für mich auch genau das wieder, was Paulus mit dieser Aussage allen Gemeinden sagen möchte: die Welt, die Umgebung von uns Christen kann noch so düster, bedrohlich und kalt sein, Gottes Liebe, verkörpert durch das, was wir von Christus überliefert und durch die Taufe an Segen zugesprochen bekommen haben für unser ganzes Leben, ist durch nichts totzukriegen, zu verwischen, zu übertünchen oder heraus zu drängen. Diese Liebe, sie bleibt und sie ist hartnäckig, denn sie gibt niemals auf. Und sie schenkt jeder noch so grauen Mauer in unserem Leben uns in unseren Köpfen einen hellen und bunten Schimmer, leuchtet geradezu, weil das kleine Herz gegen diese bedrohliche graue Mauer ankämpft und sich seit 2000 Jahren behauptet. Sie kann all das Leid, das Menschen sowohl hervorbringen als auch ertragen zwar nicht verhindern, aber es kann als unser Gewissen, dass da etwas ist, dass anders ist, anders sein will und anders sein muss, die Welt zum Besseren verändern.
Und das gilt auch genauso für uns und unser Leben, dort wo wir uns selbst schuldig gemacht haben, an anderen Menschen, durch unseren Lebenswandel, durch die Entscheidungen unseres Lebens. Auch hier kann es trotz aller Sündhaftigkeit und aller Schuld niemals so sein, dass die Liebe, die uns zugesagt ist durch Gott, entzogen wird. Wir bleiben auch als schuldbeladene Menschen immer Gottes geliebte Kinder. Und Paulus argumentiert da ganz folgerichtig: wenn wir das doch wissen, dann kann uns die Welt auch nicht mehr schrecken, dann haben wir doch alle Freiheit, bessere Entscheidungen zu treffen, aus unserem Schatten herauszutreten und diese Liebe in unserem Leben weiterzugeben: an den Menschen, der mir gerade begegnet, an die (Um)Welt, weil sie so unendlich kostbar ist, an den, der mich bedroht. Sie haben richtig gelesen: auch ihm oder ihr kann ich mutig und selbstbewusst entgegentreten und mit festem Standpunkt und der Bereitschaft zur Verständigung deutlich machen: mit mir nicht! Für mich und für Andere, die vielleicht meiner Fürsprache bedürfen. Für Paulus sind dies göttliche Waffen, mit denen er uns ausgestattet hat. Am Ende siegt die Liebe, denn sie ist die Größte unter allen.
Ich wünsche Ihnen alles einen liebevollen Monat März.
Pfarrer Bernd Naumann